Ich trinke Kopi Bali in einem dieser edlen Cafés in der berühmt-berüchtigten Monkey Forest Road, die
in Wirklichkeit anders heißt. Der Kaffee wird nicht mehr im Glas serviert, den
Zucker schon eingerührt, egal wie süß man ihn will, sondern in der Tasse, mit
Unterteller und Zuckerdose; der Zucker, braun oder weiß. Wer mag, bekommt auch
ein Kännchen. Mindestens ist noch ein wenig Satz in der Tasse, aber selbst hier
ist der Kaffee lasch, nur eine schwarz-braune Brühe.
Soweit der Unterschied nach über zwanzig
Jahren. Alles andere will ich nur skizzieren: Starbucks vor der Pura Sukawati,
der Lotusteich, den ein steinerner Teppich halbiert, der Markt, der nun in
einem Gebäude untergebracht ist oder die breiten, vom Verkehr überfüllten
Straßen, die dem Fußgänger keinen Platz mehr lassen. Erst gar nicht zu reden
von den Edelboutiquen, die alle Straßen säumen. Keine Kioske mehr, keine
vollgepackten chinesischen Läden mehr, nur noch wenige Warungs. Den Nachtmarkt
habe ich noch immer nicht gefunden. Ich werde fragen müssen. Im Zentrum gibt es
ihn nicht mehr. Es ist schwer, preiswert und gut zu essen. Ich habe den ersten
einigermaßen authentischen Warung aufgetrieben, indonesische Küche, nicht der
eigenartige westlich-indonesische Mix. Natürlich Nasi Goreng, mit dem
obligatorischen Spiegelei on top.
Erst außerhalb der Stadt, wenn ich weit
genug laufe, finde ich Bali wieder. Aber wer macht sich schon auf die weiten
Wege, wenn der Konsum so nahe liegt. Nur wenige. Die meisten Besucher begnügen
sich mit motorisierten Ausflügen oder damit, durch die Straßen im Zentrum zu
flanieren. Shopping als touristische Attraktion. Der kapitalistische
Konsumterror hat Ubud voll im Griff. Ihn haben wir hierhergebracht. Und viele
Einheimische sind dabei reich geworden. Ich gönne ihnen den westlichen Way Of Life. Letztlich will den doch jeder, und auch ich
stelle da keine Ausnahme dar, wenn es überhaupt noch eine gibt. Ich beklage
mich nicht, ich beobachte, stelle fest und mache mir meine Gedanken, die nicht
unbedingt gefallen müssen. Anregend sollen sie sein.
Die meisten Balinesen begegnen mir
freundlich, ich grüße und werde gegrüßt, ein Small Talk, ein Lächeln.
Indonesisch zu sprechen ist von Vorteil, und kommt an. Die meisten Touristen,
besonders Japaner und Australier, laufen in einer Aura der Unnahbarkeit durch
die Straßen. Ist das Unsicherheit?
Der Kaffee ist ausgetrunken. Ich schlendere
die Einkaufsmeile der Monkey Forest Road und schaue nach,
was die Affen machen. Ob sie bereits übergewichtig sind? Übergewichtige
Balinesen gibt es mittlerweile genug. Das macht der Wohlstand. Batur-Trekking
lese ich soeben: Sale - fünfzig Prozent. Kultureller Wandel lässt sich in Ubud
gut studieren. Demnächst schaue ich mir an, was aus den Tänzen und dem Handwerk
geworden ist. Der Kunst im Allgemeinen. Wegen meiner langen Haare hält man mich
für einen Künstler. Mal sehen, ob ich in diese Rolle schlüpfen kann. Die
kleinen Läden und Werkstätten, in denen gearbeitet wird, gibt es in Ubud und
Umgebung wahrscheinlich gar nicht mehr. Mit dem individuellen Transport ist es
schwierig, das habe ich richtig eingeschätzt. Taxen wohin mein Auge sieht. Es
gibt keine Bemos mehr. Das hatte ich nicht erwartet. Mein Plan, mich mit dem Bemo
durch Bali zu bewegen, wie einst normal, ist Makulatur. Ich hoffe, es hat inzwischen
ethno-soziologische Studie über diesen Beruf gegeben. Die vielen SUV, die
japanischen Toyotas, Motorräder und Mopeds haben nicht nur dem Bemo die Luft
zum Atmen genommen. Sie waren nicht mehr konkurrenzfähig, sagt man mir. Nun hat
Ubud seinen Individualverkehr, der noch dramatischer ist, als in Berlin, da die
ländliche Infrastruktur und die schmalen Straßen in den Dörfern völlig
unzureichend sind. Mit den Touristen sind die Fahrzeuge gekommen, der
erforderliche Straßenausbau wurde vernachlässigt. Feinstaub und
Luftverschmutzung inklusive. Klimaschutz spielt noch keine Rolle. Man schützt
sich galant mit einem modisch gestylten OP-Mundschutz.
Colin McPhee machte sich in seinem Buch Ein Haus auf Bali bereits in den 1930er Jahren Sorgen um
Balis Zukunft. Gegenwärtig lebten die Bewohner der Insel noch in
einer trügerischen Freiheit, doch waren sie schon lange im Netz gefangen, das
nun langsam eingezogen wurde, und ihr Schicksal war das Schicksal der östlichen
Welt. Sieben Stunden Zeitunterschied. In Deutschland geht man
schlafen, wenn ich aufstehe.
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