Sonntag, 12. Februar 2017

Barong - ein Prolog


Ich erinnere mich daran, es heißt, Barong sei eine Abkürzung von beruang, Bär. Banasapati Raja, einer der vier spirituellen Geschwister der Menschen, soll das Vorbild für den Barong gewesen sein. Trotzdem wird in den Informationen für Touristen immer wieder von dem löwenähnlichen Charakter des Barongs gesprochen. Wie dem auch sei: Der Barong ist eine populäre folkloristische Gestalt aus der balinesischen Kultur. Bei Einheimischen wie Besuchern gleichermaßen. Wahrscheinlich ist er sehr alt, ein Fabeltier und vorhinduistisch, denn es gibt ihn auch in anderen asiatischen Kulturen. Das bedeutet: Er ein kollektiver Archetyp asiatischer Kulturen. Freunde von Mythen und Sagen wissen natürlich, dass es sich um ein universelles Symbol handelt. Schillernd und unheimlich verkörpert er je nach kulturellem Umfeld Gutes oder Böses. Die unterschiedlichen Weltkulturen konnten sich darin nicht einig werden. Der Barong jedenfalls erinnert mehr an Fufur, den Glücksdrachen in Michael Ende Unendlicher Geschichte, als an Glaurung, den Drachen in J.R.R. Tolkiens Novelle Túrin Turambar.

Freitag, 10. Februar 2017

Aufs Neue


Ich breche um acht Uhr morgens auf, und bin Stunden unterwegs. Eine Erkundung. Ich halte es drinnen kaum aus. Zu Fuß, zuerst nach Ubud, dann durch die Reisfelder, die Sawahs, und auf Umwegen zurück nach Pengosekan, wo ich mich bei Nyoman und seiner Frau Ketut häuslich niederlassen habe. Njoman ist Maler und Unternehmer. Er malt farbige Bilder in einem naiven balinesischen Stil, der unerreicht berühmten Vorbildern nacheifert, wie sie in den Museen in Ubud ausgestellt sind. Nyoman besitzt ein Grundstück am Sungai Wos, in einem Kampong am Ortsrand von Pengosekan, dass wiederum zu Ubud gehört. Beide sind im europäischen Rentenalter, ihre Kinder haben eigene Familien und Wohnungen. In Bali besteht eine Wohnung aus einem Grundstück und mehreren Gebäuden, die wie Pavillions in einem ausgedehnten Garten liegen. Njomans besitzt ein Grundstück auf dem steileren Ufer des Wos. Es fällt so stark ab, dass Treppen nötig sind, um die Terrassen im zu überqueren. Zwei Pavillions, die Balé heißen, stehen leer, und Nyoman bietet sie auf AIRBNB an. Wir sind zeitgemäß, Nyoman und ich. Elektronische Kommunikation hat uns unkompliziert zusammengebracht. Trotzdem ist Nyoman Balinese und Indonesier. Kleidet sich synkretistisch, indonesisch und westlich. In Tracht habe ich ihn nie gesehen, kann ihn mir auch nicht gut darin vorstellen. Er ist gewohnt, mit Touristen zu verhandeln und zu verkehren. Darin ist er selbstbewusst und kompetent. Ein guter Geschäftsmann, der es seinen Kunden angenehm und leicht machen will. Ketut erlebe ich nur im Hintergrund. Sie ist die Herrscherin der häuslichen Sphäre, der die ich keinen Zugang habe. Mein Kontakt zu Nyoman ist öffentlich. Ketut bringt mit täglich Frühstück in mein Balè - Reis, Früchte und Tee - stellt es mir leise auf den Tisch auf der Veranda. Oft bemerke ich sie kaum. Ketut, traditionell in Sarong und Kebaya gekleidet, bringt ihren Gästen die Grundlagen der Bahasa Indonesia bei. Ich glaube beide sind enttäuscht, dass ich keinen Unterricht nehmen muss, und keinen ihrer Scooter leihe. Sie verstehen nicht, dass ich zu Fuß gehen will. Niemand in Bali, der über finanzielle Mittel verfügt, tut das. Auf keinen Fall Touristen, die die Balinesen reich gemacht haben, sodass nun ihre Autos und Motorräder die Straßen verstopfen. Südbalis Hauptstraßen versinken in einer ununterbrochenen Rush Hour.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Gar nicht weihnachtlich



Ich bekomme Weihnachtsgrüße und bin selbst gar nicht weihnachtlich gestimmt. Wenn ich mich richtig erinnere, war ich Weihnachten immer zu Hause - wo auch immer - aber nie allein. Bali! In diesem Jahr ist meine Weihnachtsflucht eine ganz besondere. Heimat ist kein Ort, sondern ein Gefühl, im Herzen oder im Kopf, wo die Gedanken kreisen, wenn das wirklich einen Unterschied macht. Sobald der geographische oder kulturelle Kontext fehlt, bleiben die Gefühle ohnehin aus. Nichts erreicht mich hier, dass sich irgendwie weihnachtlich angefühlt. Nicht der grüne Baum, kein Schmuck, keine Lieder, insbesondere nicht die üblichen Emotionen, die sich trotzdem nicht völlig abstellen lassen. Dazu sind sie zu sehr Kindheit. Für mich gibt es dieses Mal die Tropen als Weihnachtsgeschenk: schwül, heiß und immer wieder regnet es. Die Kerzen würden am Baum schmelzen, und der Baum in Flammen aufgehen, wenn die erste Kerze, weich in den Knien, zur Seite kippt.

Die Affen gibt es noch


Ich gewöhne mich an die unvertraute Umgebung, gehe täglich stundenlang herum, und orientiere mich. Das ist so meine Art. Ich gehe mir meine Welt vertraut. An jedem Ort, bevor ich emotional ankommen kann, muss ich mich zu Fuß mit ihm anfreunden. Ich muss die Atmosphären spüren, die den Ort ausmachen, die Geräusche, Gerüche und das Gesehene zusammenbringen. Vorher fühle ich mich nicht wohl in meiner Haut.
Ich habe den Markt der Früchte und des Gemüses entdeckt, der früher auf dem Platz des Nachtmarkts stattfand. Der viele Tinnef, den die Touristen brauchen, hat ihn an den Rand gedrängt. Der Kunstmarkt, der Pasar Seni in Sukawati, war schon immer so. Jedenfalls seit ich ihn kenne. Anfang der 1980er habe ich dort eine schwarze Hanumanskulptur gekauft. Der weiße Affe aus dem Ramayana steht mit einem Fuß auf dem Kopf eines sich windenden Drachens, aufrecht gestreckt, und die Faust zum Schlag erhoben. Kunstvoll ist das Fell aus dem Holz herausgearbeitet. Die bogenförmige Krone, die mich an einen Irokesenschopf erinnert, und der reich gemusterte Gürtel, den er um die Hüften trägt, sind großartige Holzschnitzkunst. Ebenholz, flüstert der Verkäufer ehrfürchtig. Schwer genug ist die Skulptur, sodass ich ihm glaube, und den hohen Preis bezahle. Nach ein paar Jahren in der Sonne auf meiner Fensterbank, kam unter dem schwarz, hellbraunes Holz zum Vorschein.