Ich frühstücke westlich, im Kopi On Bisma in Ubud. Der Name ist balinesisch. Die tropischen Früchten im Müsli auch. Ein Detox-Shot und ein Cappuccino runden mein Frühstück ab. Ich glaube nicht, dass es noch besser geht. Aber dafür steht Ubud, das selbsternannte gastrokulturelle Zentrum Balis. Das Café ist bis auf den letzten Platz besetzt.
Ich sitze auf der überdachten Terrasse, während im Hintergrund die Milch für den nächsten Cappuccino aufgeschäumt wird. Ich schaue dem morgendlichen Treiben auf der Jalan Bisma zu:
Mopeds und große SUV drängeln sich auf der engen Straße zwischen die Fußgänger. Eigentlich ist es keine richtige Straße, eher ein Weg. Schülerinnen in Festkleidung, weiße Bluse und oranger Sarong, um die Taille einen roten Schal gebunden, Spärlicher gekleidete Touristen mischen sich unter sie. Junge Frauen in kurzer Hose, in Minirock und enganliegendem Top. Nichts verbergend, was Fantasie und Erfahrung nicht dekodieren können. Die kurzen Hosen der Männer enden über dem Knie. Gekleidet wie große Jungen, die wenig von Etikette und höflichem Benehmen wissen. Keiner von ihnen ist so gekleidet, wie Balinesen als angemessen empfinden. Nur die meisten der älteren Touristen zeigen weniger Haut. Es ist eine eigentümliche Melange brauner, rotbrauner und weißroter Menschen, die heute Morgen am Kopi On Bisma entlang flaniert.
Ich bin zurück in Ubud. Der Monsun hat in den letzten Tagen noch einmal heftig Fahrt aufgenommen. Muss er sich kurz vor Ende der Regenzeit noch einmal beweisen? Es regnet jetzt jeden Tag, meistens mehrmals. Der erste starke Schauer geht am frühen Nachmittag nieder und verwandelt die Straßen und Wege vorübergehend in kleine Bäche. Ein zweiter Schauer folgt dann sehr schnell dem ersten, der dritte später in der Nacht. Aber es gibt auch Tage, an denen der Regengott einen kräftigen Schauer am späten Nachmittag für ausreichend hält. In diesem Jahr ist nicht der Januar, sondern der Februar der regenreichste Monat.
Ich sitze auf der überdachten Terrasse, während im Hintergrund die Milch für den nächsten Cappuccino aufgeschäumt wird. Ich schaue dem morgendlichen Treiben auf der Jalan Bisma zu:
Mopeds und große SUV drängeln sich auf der engen Straße zwischen die Fußgänger. Eigentlich ist es keine richtige Straße, eher ein Weg. Schülerinnen in Festkleidung, weiße Bluse und oranger Sarong, um die Taille einen roten Schal gebunden, Spärlicher gekleidete Touristen mischen sich unter sie. Junge Frauen in kurzer Hose, in Minirock und enganliegendem Top. Nichts verbergend, was Fantasie und Erfahrung nicht dekodieren können. Die kurzen Hosen der Männer enden über dem Knie. Gekleidet wie große Jungen, die wenig von Etikette und höflichem Benehmen wissen. Keiner von ihnen ist so gekleidet, wie Balinesen als angemessen empfinden. Nur die meisten der älteren Touristen zeigen weniger Haut. Es ist eine eigentümliche Melange brauner, rotbrauner und weißroter Menschen, die heute Morgen am Kopi On Bisma entlang flaniert.
Ich bin zurück in Ubud. Der Monsun hat in den letzten Tagen noch einmal heftig Fahrt aufgenommen. Muss er sich kurz vor Ende der Regenzeit noch einmal beweisen? Es regnet jetzt jeden Tag, meistens mehrmals. Der erste starke Schauer geht am frühen Nachmittag nieder und verwandelt die Straßen und Wege vorübergehend in kleine Bäche. Ein zweiter Schauer folgt dann sehr schnell dem ersten, der dritte später in der Nacht. Aber es gibt auch Tage, an denen der Regengott einen kräftigen Schauer am späten Nachmittag für ausreichend hält. In diesem Jahr ist nicht der Januar, sondern der Februar der regenreichste Monat.
Ich beobachte eine Frau, die in Sarong und Selendang aus dem Café kommt. Sie schlendert mit wiegendem Schritt zu einem Geistersitz an der Hausecke. Ihre langen schwarzen Haare glänzen vom Kokosöl. Sie hat sie geschlungen zu einem Pferdeschwanz gebunden, der ihr bis an die Taille reicht. Auf einem silbernen Tablett balanciert sie mehrere Banten. Sie deponiert ihre Opferkörbchen an drei verschiedene Stellen vor dem Café: nach oben, auf den steinernen Sitz für die Götter, in die Mitte, auf einen Pfosten mit dem Logo des Cafés und nach unten, auf den Boden vor dem Eingang, für die Butakala. Mit den vorgeschriebenen rituellen Gesten legt sie duftende Räucherstäbchen dazu und sprengt dreimal geweihtes Wasser mit einer Blüte, in kreisender Handbewegung, über die Gaben. Wieder einmal ist das Café für einen Tag vor allen bösen Einflüssen geschützt.
Die Agama Hindu Bali, die überlieferte und an der hinduistischen Weltanschauung ausgerichtete Religion Balis, bildet wahrscheinlich das letzte noch einigermaßen stabile Merkmal der ethnischen Identität der Balinesen. Die alltäglichen Rituale und die zyklischen Tempelfeste und -zeremonien rahmen den Einzelnen und stiften und bewahren ihm Sinn und Bedeutung in einem Leben vor dem Hintergrund rasanter Veränderungen. Die Vielzahl der täglich durchgeführten Rituale, vom Banten-Opfer am Hausaltar, der individuellen Fürbitte in einem bestimmten Tempel und die gemeinschaftlich durchgeführten Feste größerer sozialer Gruppen, geben ihm das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem ihn selbst transzendierenden Wir. Die am Modell des indischen Hinduismus entwickelte, überlieferte Religion der Balinesen erfuhr im Zuge der indonesischen Unabhängigkeit seit den 1950er Jahren einschneidende Veränderungen. Vielfältige Schwierigkeiten musste der junge indonesische Staat überwinden, um eine Nation zu werden. Allgemein verbindliche Normen und Werten entstanden um die künstliche Einheit des Vielvölkerstaats zu sichern. In Verlauf dieses Prozesses wurde aus Balis Polytheismus ein Monotheismus. Um als eigenständige Religion anerkannt zu werden, wurde durch eine geschickte Umdeutung aus dem polytheistischen Hinduismus ein Monotheismus nach dem Modell von Islam und Christentum.
Der junge indonesische Staat unter Präsident Sukarno entschied sich für einen Staat mit religiösem Charakter und nur propagierter Religionsfreiheit. Die neue Regierung verfügte eine verhängnisvolle Einschränkung: Atheismus wurde gesetzlich verboten und als Blasphemie unter Strafe gestellt. Durch diese Gesetzgebung wurde zwischen offiziell anerkannten und nicht anerkannten Religionen unterschieden. Dem Bürger der noch jungen Republik wurde der Glaube an einen einzigen Gott vorgeschrieben. Als Ketuhanan Yang Maha Esa, Glaube an den Einen Gott, ist diese Forderung im ersten Statut der Panca Sila eines der fünf staatstragenden Prinzipien der Republik Indonesia. Eine Religionsfreiheit unter der Voraussetzung des Monotheismus, wie sie nur den Köpfen und der überheblichen Selbstverständlichkeit monotheistisch Gläubiger entspringen kann. Der Glaube an den Einen Gott, wie ihn der Monotheismus fordert, wurde durch die Panca Sila zum allein definierenden Merkmal von Religiosität. Für dieses Konstrukt übernahm man den Sanskritbegiff Agama. Alle anderen religiösen Systeme, wie die zahlreichen Stammes- oder ethnischen Religionen Indonesiens, zu denen plötzlich auch der balinesische Hinduismus gehörte, erhielten das Etikett nur Glaubensvorstellung oder Weltanschauung zu sein (Kepercayaan). Doch der Agama-Begriff ist nicht unproblematisch, bezeichnet er ursprünglich doch genau das, was man durch die Panca Sila bannen wollte. Im Sanskrit bezeichnet Agama einen traditionellen Grundsatz, eine Grundsatzsammlung, eine Doktrin, etwas, das als Tradition durch die Generationen weitergegeben wird. In der altjavanischen Kultur entsprach dies dem Dharma-Begriff, in der Bedeutung einer religiösen oder moralischen Überlieferung. Die Wahl des Begriffs Agama beim Wort genommen, kann dem balinesischen Hinduismus seinen Status als Religion nicht absprechen. Das ermöglichte erst die künstliche Trennung von kultureller Tradition und Religion. Als Tradition, jetzt allein durch das arabische Lehnwort Adat wiedergegeben, verlor der balinesische Hinduismus seine Berechtigung eine Religion zu sein.
Es gibt eine weitere Besonderheit, die nicht unerwähnt bleiben darf, will man die Veränderung verstehen, die aus dem balinesischen Hinduismus einen Monotheismus machte: die Rolle der Kommunistischen Partei Indonesiens (PKI). Im Prozess der Nationwerdung, nach der Unabhängigkeit von den Niederlanden, gewann die PKI große Zustimmung in der ärmeren Bevölkerung, und die Kommunisten wurden zu einem bedeutenden innenpolitischen Faktor. Die Umstände des Putsches vom 1. Oktober 1965 führten dazu, dass die Kommunisten des Umsturzes beschuldigt wurden. In der Folge kam es zu einem Pogromen und Massentötungen in Java, Bali und Sumatra, denen Hunderttausende zum Opfer fielen. Plötzlich bedeutete Atheist sein, das heißt, kein Mitglied in einer der offiziell anerkannten, monotheistischen Religionen zu sein, Kommunist zu sein. Eine damals lebensgefährliche Position und eine bis in die Gegenwart andauernde soziale Benachteiligung. Für die Balinesen, die nun Angehörige der indonesischen Republik waren, bedeutete das Anhänger einer Minoritätenreligion geworden zu sein. Schlimmer noch: Keine Agama zu haben, was mit einem Mangel an Glauben an den Einen Gott gleichgesetzt wurde.
Es gibt eine weitere Besonderheit, die nicht unerwähnt bleiben darf, will man die Veränderung verstehen, die aus dem balinesischen Hinduismus einen Monotheismus machte: die Rolle der Kommunistischen Partei Indonesiens (PKI). Im Prozess der Nationwerdung, nach der Unabhängigkeit von den Niederlanden, gewann die PKI große Zustimmung in der ärmeren Bevölkerung, und die Kommunisten wurden zu einem bedeutenden innenpolitischen Faktor. Die Umstände des Putsches vom 1. Oktober 1965 führten dazu, dass die Kommunisten des Umsturzes beschuldigt wurden. In der Folge kam es zu einem Pogromen und Massentötungen in Java, Bali und Sumatra, denen Hunderttausende zum Opfer fielen. Plötzlich bedeutete Atheist sein, das heißt, kein Mitglied in einer der offiziell anerkannten, monotheistischen Religionen zu sein, Kommunist zu sein. Eine damals lebensgefährliche Position und eine bis in die Gegenwart andauernde soziale Benachteiligung. Für die Balinesen, die nun Angehörige der indonesischen Republik waren, bedeutete das Anhänger einer Minoritätenreligion geworden zu sein. Schlimmer noch: Keine Agama zu haben, was mit einem Mangel an Glauben an den Einen Gott gleichgesetzt wurde.
Um diesem Dilemma zu entgehen, wurde 1959 Rat für die Hindu-Religion auf Bali, Parisada Dharma Hindu Bali, gegründet. Sein Ziel: die Anerkennung des balinesischen Hinduismus als monotheistische Religion im Sinne von Agama. Die Rat argumentierte, der balinesische Hinduismus gehöre zum Hinduismus, einer Weltreligion, und sei als deren regionale Variante anzusehen. Außerdem sei der balinesische Hinduismus in Wirklichkeit eine monotheistische Religion. Um dies zu begründen, entwickelte der Parisada fünf Glaubenssätze (Panca Cradha), deren erster, gemäß der Panca Sila, den Glauben an Sanghyang Widhi als den einzigen Gott postulierte. Die Indonesianisierung des balinesischen Hinduismus durch den Parisada gipfelte in der Namensänderung: Aus der Agama Tirtha, der Religion des Heiligen Wassers, wurde eine Agama Hindu Bali.
Sanghyang Widi Wasa. So heißt heute der einzige Gott des balinesischen Hinduismus mit vollständigem Namen. Erst neuerdings ist er ein als Person verehrter Gott. Ihn als den Einen Gott eines latent schon immer vorhandenen, balinesischen Monotheismus urplötzlich wie ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern ist ein gewagtes Husarenstück. Zu behaupten, die vielen Götter des Hinduismus, die in Bali bis dahin verehrt wurden, sind nie etwas Anderes gewesen als seine Inkarnationen kratzt an der ethnischen Identität der Balinesen.
Bevor der Parisada in seiner Not ein spirituelles Prinzip aufgriff, und es personalisierte, war Sanghyang, wie im indischen Hinduismus Brahman, die allgemeine Bezeichnung für das Göttliche, für die Manifestation göttlicher Atmosphären. Durch den Druck, sich zum Monotheismus zu bekennen, wurde das Göttliche zu Gott umgedeutet. Auf einer anderen Ebene ist Sanghyang ein Ehrentitel für einen Gott, doch bevor der Parisada ihn zu dem Einen Gott erklärte, spielte er im balinesischen Hinduismus keine besondere Rolle. Wie im fernen Timor der niederländische Missionar Pieter Middelkoop Uis Neno, den Namen einer mit dem Himmel assozierten Atmosphäre des Herrschaftlichen und Prächtigen, in seiner Bibelübersetzung zum christlichen Gott erklärte, entschieden sich die frühen protestantischen Missionare in Bali Sang Hyang Widi als neutralsten Namen für den christlichen Gott der Bibel zu übernehmen. Einen „Gott“, der kaum verehrt wurde, und deshalb auch keine störenden Assoziationen in der Liturgie hervorrief. Sie waren es auch, die den Namen Widi in den 1930er Jahren eingeführt haben. In ihrem Buch Trance in Bali, in den 1930er Jahren geschrieben, setzt Jane Belo noch Widi mit Dewa gleich, eine andere neutrale Bezeichnung für einen Gott.
Sanghyang Widi Wasa ist ein zusammengesetzter Begriff. Die einzelnen Bestandteile des Namens bildeten ursprünglich keine Einheit. Widi ist ein Sanskritwort (vidhi) und bedeutet Glück; neutraler Schicksal, Ordnung, Recht und erinnert an das Karma-Konzept. Wasa, Allmacht (Maha Kuasa), ergänzt die Qualität des Einen Gottes wie ihn der Monotheismus versteht. Die korrekte Übersetzung lautet also: Der (ordnende) Allmächtige Gott, der aus dem Islam und dem Christentum wohlbekannt ist.
Von diesem Einen Gott Sanghyang Widi Wasa gibt es außer der Zeichnung eines frontal abgebildeten, nackten Mannes, mit Bajra-Zeichen an den Gelenken, keine weiteren Darstellungen. Inbesondere existieren keine Skulpturen, weder naturalistisch noch symbolisch, was der Bilderfeindlichkeit des Islams entgegenkommt. Interessant sind die Bajra, die magische Glocke, die ikonographisch zu Iswara gehören. In Bali ist dieser Iswara eine Manifestation Shivas und Wächtergottheit des Ostens, des Sonnenaufgangs. Sein magisches Zeichen ist das S und seine magische Silbe lautet Sang. Osten, Licht, Sonne, Leben und Tag bilden eine interagierende Reihe: das Licht (Shiva) der Sonne als Leben repräsentierende göttliche Atmosphäre. Im ursprünglichen balinesischen Hinduismus ist die Sonne personifiziert und eine Gottheit: Surya. Und Surya ist Shiva. Die Achse von Iswara (Sonnenaufgang) zu Surya (Sonne) und Shiva bildet die Qualität und den Titel Sanghyang. Eine Diskussion über den altjavanischen Sonnenkult, in dessen Folge der balinesische Priester, der Pedanda, bis heute Priester der Sonne heißt, will ich erst gar nicht beginnen.
Bevor der Parisada in seiner Not ein spirituelles Prinzip aufgriff, und es personalisierte, war Sanghyang, wie im indischen Hinduismus Brahman, die allgemeine Bezeichnung für das Göttliche, für die Manifestation göttlicher Atmosphären. Durch den Druck, sich zum Monotheismus zu bekennen, wurde das Göttliche zu Gott umgedeutet. Auf einer anderen Ebene ist Sanghyang ein Ehrentitel für einen Gott, doch bevor der Parisada ihn zu dem Einen Gott erklärte, spielte er im balinesischen Hinduismus keine besondere Rolle. Wie im fernen Timor der niederländische Missionar Pieter Middelkoop Uis Neno, den Namen einer mit dem Himmel assozierten Atmosphäre des Herrschaftlichen und Prächtigen, in seiner Bibelübersetzung zum christlichen Gott erklärte, entschieden sich die frühen protestantischen Missionare in Bali Sang Hyang Widi als neutralsten Namen für den christlichen Gott der Bibel zu übernehmen. Einen „Gott“, der kaum verehrt wurde, und deshalb auch keine störenden Assoziationen in der Liturgie hervorrief. Sie waren es auch, die den Namen Widi in den 1930er Jahren eingeführt haben. In ihrem Buch Trance in Bali, in den 1930er Jahren geschrieben, setzt Jane Belo noch Widi mit Dewa gleich, eine andere neutrale Bezeichnung für einen Gott.
Sanghyang Widi Wasa ist ein zusammengesetzter Begriff. Die einzelnen Bestandteile des Namens bildeten ursprünglich keine Einheit. Widi ist ein Sanskritwort (vidhi) und bedeutet Glück; neutraler Schicksal, Ordnung, Recht und erinnert an das Karma-Konzept. Wasa, Allmacht (Maha Kuasa), ergänzt die Qualität des Einen Gottes wie ihn der Monotheismus versteht. Die korrekte Übersetzung lautet also: Der (ordnende) Allmächtige Gott, der aus dem Islam und dem Christentum wohlbekannt ist.
Sanghyang Widi Wasa an einem Göttersitz in Munduk |
Ist dieser moderne, balinesische Monotheismus nur ein Deckmantel unter dem der überlieferte Hinduismus der Agama Tirtha weiterlebt? Der lateinamerikanische Synkretismus eines Voodoo oder Candomblé, der christliche und ethnisch-religiöse Elemente mischt, ist wohlbekannt. Lassen sich die Balinesen staatlich verordnen, was sie zu glauben haben? Nicht nur Hoffmann von Fallersleben wusste, dass die Gedanken frei sind.
Der amerikanische Kulturanthropologe George Peter Murdock führte in den 1960er Jahren eine umfangreiche Untersuchung zum Verlauf des kulturellen Wandels durch, in die er den größten Teil der weltweit existierenden Kulturen einbezog. Seiner kulturübergreifende Studie macht deutlich, dass sich technologische, wirtschaftliche und soziale Merkmale einer Kultur längst verändert haben, bevor der kulturelle Wandel auch die Religion erreicht. In der balinesischen Kultur ist dieser Prozess bereits weit fortgeschritten. Die Auswirkungen der Globalisierung sind in Bali in allen kulturellen Bereichen nicht mehr zu übersehen. Der Wandel der religiösen Überzeugungen der Balinesen, wenn auch nicht gleich erkennbar, begann mit der Dekonstruktion der Agama Tirtha zu dem von der Panca Sila vorgeschriebenen Monotheismus. Die Übernahme westlicher Wertvorstellungen durch die Jugend Balis flankiert diesen Veränderungsprozess.
Ich will nicht alle Einzelheiten aufzählen, die mir aufgefallen sind. Einige reichen aus, um einen Eindruck des kulturellen Wandels in Bali zu geben: Ich habe Satellitenantennen selbst in den abgelegenen Bergdörfern gesehen. Motorpflüge haben den Wasserbüffel in den Reisfeldern endgültig abgelöst. Eine wachsende Zahl von Moscheen, besonders in West- und Nordbali, belegt das Vordringen des Islams, der einen weltweiten Hegemonieanspruch äußert. Mobiltelefone sind allgegenwärtig und beginnen die Kommunikation zu dominieren. Die traditionelle Tracht habe ich nur noch während der Tempelfeste, auch hier schon in Auflösung begriffen, gesehen. In den Touristenregionen expandiert der Dienstleistungssektor zulasten der Landwirtschaft und der Anbauflächen. Ich mich oft gefragt habe, ob die Verdienstmöglichkeiten nicht bereits ausgeschöpft sind. Zunehmender, einseitig verteilter Wohlstand hat zu einer größeren Distanz zwischen Armen und Reichen geführt. Übergewichtige Kinder und Jugendliche stehen Bettlern in den Straßen der Städte gegenüber. Ein überwältigender Individualverkehr führt zum Zusammenbruch des öffentlichen Personennahverkehrs. Inzwischen sind große Umweltprobleme offensichtlich geworden.
Die gravierendste Veränderung, die die balinesische Kultur in den vergangenen Jahrzehnten erfuhr, besteht in der Verknüpfung sozialer Zugehörigkeit, Mobilität und wirtschaftlicher Existenzsicherung mit offiziell anerkannten, religiösen Glaubensvorstellungen. Eine Agama zu haben sichert diese menschlichen Bedürfnisse in der sich demokratisch verstehenden indonesischen Gesellschaft. Anhänger einer Kepercayaan zu sein gefährdet sie oder führt in die soziale, politische sowie wirtschaftliche Isolation. Agama zu haben zeichnet den modernen, fortschrittlichen Balinesen aus.
Ich will nicht alle Einzelheiten aufzählen, die mir aufgefallen sind. Einige reichen aus, um einen Eindruck des kulturellen Wandels in Bali zu geben: Ich habe Satellitenantennen selbst in den abgelegenen Bergdörfern gesehen. Motorpflüge haben den Wasserbüffel in den Reisfeldern endgültig abgelöst. Eine wachsende Zahl von Moscheen, besonders in West- und Nordbali, belegt das Vordringen des Islams, der einen weltweiten Hegemonieanspruch äußert. Mobiltelefone sind allgegenwärtig und beginnen die Kommunikation zu dominieren. Die traditionelle Tracht habe ich nur noch während der Tempelfeste, auch hier schon in Auflösung begriffen, gesehen. In den Touristenregionen expandiert der Dienstleistungssektor zulasten der Landwirtschaft und der Anbauflächen. Ich mich oft gefragt habe, ob die Verdienstmöglichkeiten nicht bereits ausgeschöpft sind. Zunehmender, einseitig verteilter Wohlstand hat zu einer größeren Distanz zwischen Armen und Reichen geführt. Übergewichtige Kinder und Jugendliche stehen Bettlern in den Straßen der Städte gegenüber. Ein überwältigender Individualverkehr führt zum Zusammenbruch des öffentlichen Personennahverkehrs. Inzwischen sind große Umweltprobleme offensichtlich geworden.
Die gravierendste Veränderung, die die balinesische Kultur in den vergangenen Jahrzehnten erfuhr, besteht in der Verknüpfung sozialer Zugehörigkeit, Mobilität und wirtschaftlicher Existenzsicherung mit offiziell anerkannten, religiösen Glaubensvorstellungen. Eine Agama zu haben sichert diese menschlichen Bedürfnisse in der sich demokratisch verstehenden indonesischen Gesellschaft. Anhänger einer Kepercayaan zu sein gefährdet sie oder führt in die soziale, politische sowie wirtschaftliche Isolation. Agama zu haben zeichnet den modernen, fortschrittlichen Balinesen aus.
Der kulturelle Wandel, der den balinesischen Hinduismus seit den 1950er Jahren erfasst hat, stellt den Versuch dar, die völlige Diskreditierung ihrer ethnischen Religiosität und damit den Verlust der ethnischen Identität zu verhindern. Dieses Ziel ist zu Lasten des ursprünglichen balinesischen Hinduismus zumindest teilweise erreicht. Gleichzeitig geht seine Wurzel, der Glaube an die vielen Götter als Manifestationen naturräumlicher Atmosphären, verloren. Ob dieser Wandel eine Öffnung Balis für westliche Werte und damit zu einer Umbewertung der Natur begünstigt, die rasante Zunahme der ökologischen Probleme westlicher Kulturen, ist eine lohnende Frage.
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