Ich lerne völlig unerwartet Gede kennnen. Viel zu spät, so kurz vor meiner Abreise. Es ist Sonntag Vormittag, und ich bin noch einmal hinauf nach Tenganan gewandert. Ohne eine andere Absicht als Neugier. Ich bin immer noch gespannt, wie sich der Ort in dreißig Jahre entwickelt hat. Was ist aus dem abgeschiedenen Dorf der konservativen Bali Aga geworden ist? Ich habe mich Mitte der 1980er Jahre intensiver mit dem Doppelikat, mit Geringsing, dieser für Tenganan charakteristischen Webtechnik. Ich erinnere mich noch gut daran, wie verlassen das Dorf damals wirkte, wie mich die wenigen Bewohner einfach ignorierten. Ich fühlte mich unsichtbar, im besten Fall unerwünscht. Der Besitzer eines Art Shops, ich glaube es gab damals nur den einen, erbarmte sich, sprach mich an, und bot mir gleichzeitig ein für mein schmales, studentisches Budget unglaublich teueres Geringsing-Gewebe an. Ich erinnere mich noch gut an den schmalen Schal mit dem figurativen Motiv. Enttäuscht keinen Kontakt gefunden zu haben, aber fasziniert von der mysteriösen Atmosphäre und der für Bali ungewöhnlichen Dorfanlage, verließ ich Tenganan Pegringsingan, wie der vollständige Name lautet.
Ich bin wieder in Tenganan Über dreißig Jahre später. Am nördlichen Tor wartet Gede auf Besucher. Er lädt mich ein, ihn zu begleiten.
„Nur das Dorf endet am Tor“, erklärt er mir. „Die Ländereien der Bewohner reichen noch 900 Hektar in den Wald hinein.“
Aus dem einst befestigten Dorf der Bali Aga führt eine gepflasterte Straße durch das Tor. Unmittelbar dahinter beginnt der Bergwald. Gede steht auf der Grenze, kommt nur ein paar Schritte ins Dorf hinein. Er winkt, und ruft mich zu sich. Aber sein seltsames Verhalten ist mir erst viel später aufgefallen. Die im Dorf lebenden Bali Aga verstehen sich als eine von den Göttern ausgezeichnete Gemeinschaft. Diejenigen, die außerhalb leben waren einst leibeigene Bauern
Er sei Imker, erzählt er mir gleich zu Beginn unserer Bekanntschaft, und ich denke an meinen Vater, der die gleiche Leidenschaft pflegte. Seltsamerweise benutzt Gede das deutsche Wort Imker, was dwas ihn mir gleich vertraut macht. Woher weiß er, dass ich Deutscher bin? Ich habe ihn noch nie gesehen. Ob es ihm der Mann am Ticketschalter gesagt hat?
„Ich habe meine Bienen gleich um die Ecke“, sagt er. „Willst Du sie sehen?“
Wir gehen ein paar Meter in den dichten Bergwald hinein. Gedes Bienenstöcke hängen in den Bäumen, zylinderförmige Bambussegmente, vielleicht einen halben Meter lang. Am vorderen Ende sind sie offen, ein spezielles Flugloch gibt es nicht, aber den Bienen macht das nichts. Bei ihrem Versuch, tiefer in den Stock zu gelangen, krabbeln und drängeln sie bis ans Ende der Öffnung übereinander. Nur die winzigen schwarzen Bienen haben ein eigens gebohrtes Flugloch, an dem sie diszipliniert starten und landen.
Gede wohnt nicht weit vom Dorf entfernt, an dem gepflasterten Weg, von wo ein paar Trittsteine auf ein gerodetes Plateau hinaufführen. Zwei Bambushütten, ein kleiner überdachter Vorplatz mit Tisch und zwei Bänken, eine Pinwand mit Fotos von Landschaften und ausländischen Gästen. In der Nordecke des kleinen Gehöfts, ein einzelner Götterschrein. Noch unter dem Dach, in der Nähe des Schreins, hat Gede drei Bienenstöcke zur Demonstration aufgehängt. Hier wohnt er seit 2015 zusammen mit seiner Tante und seinem Onkel, seitdem er diesen Traum von einem selbstbestimmten Leben hat. Gede ist ein junger Mann, gebildet, mit einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung. Er ist ein engagierter, ideenreicher und ehrgeiziger Mann, der einen Traum hat. Für sich, und die Menschen im Dschungel, wie er sagt, im Hinterland von Tenganan, auf den Gunung Agung zu. Er hat mehrere Jahre in Australien gelebt. Später hat er in einem Hotel in Nusa Dua an der Rezeption gearbeitet, Gäste empfangen, Termine gebucht und Exkursionen vermittelt. Sein Englisch ist perfekt. Jetzt versucht sich Gede selbständig zu machen. Er will in der Tourismusbranche Fuß fassen. Im Schatten des weltberühmten Tenganan. Dazu hat er ein Konzept entwickelt. Er ist er an den Rand von Tenganan zurückgekehrt, um seinen Traum zu verwirklichen.
„Nur das Dorf endet am Tor“, erklärt er mir. „Die Ländereien der Bewohner reichen noch 900 Hektar in den Wald hinein.“
Aus dem einst befestigten Dorf der Bali Aga führt eine gepflasterte Straße durch das Tor. Unmittelbar dahinter beginnt der Bergwald. Gede steht auf der Grenze, kommt nur ein paar Schritte ins Dorf hinein. Er winkt, und ruft mich zu sich. Aber sein seltsames Verhalten ist mir erst viel später aufgefallen. Die im Dorf lebenden Bali Aga verstehen sich als eine von den Göttern ausgezeichnete Gemeinschaft. Diejenigen, die außerhalb leben waren einst leibeigene Bauern
Er sei Imker, erzählt er mir gleich zu Beginn unserer Bekanntschaft, und ich denke an meinen Vater, der die gleiche Leidenschaft pflegte. Seltsamerweise benutzt Gede das deutsche Wort Imker, was dwas ihn mir gleich vertraut macht. Woher weiß er, dass ich Deutscher bin? Ich habe ihn noch nie gesehen. Ob es ihm der Mann am Ticketschalter gesagt hat?
„Ich habe meine Bienen gleich um die Ecke“, sagt er. „Willst Du sie sehen?“
Wir gehen ein paar Meter in den dichten Bergwald hinein. Gedes Bienenstöcke hängen in den Bäumen, zylinderförmige Bambussegmente, vielleicht einen halben Meter lang. Am vorderen Ende sind sie offen, ein spezielles Flugloch gibt es nicht, aber den Bienen macht das nichts. Bei ihrem Versuch, tiefer in den Stock zu gelangen, krabbeln und drängeln sie bis ans Ende der Öffnung übereinander. Nur die winzigen schwarzen Bienen haben ein eigens gebohrtes Flugloch, an dem sie diszipliniert starten und landen.
Gede wohnt nicht weit vom Dorf entfernt, an dem gepflasterten Weg, von wo ein paar Trittsteine auf ein gerodetes Plateau hinaufführen. Zwei Bambushütten, ein kleiner überdachter Vorplatz mit Tisch und zwei Bänken, eine Pinwand mit Fotos von Landschaften und ausländischen Gästen. In der Nordecke des kleinen Gehöfts, ein einzelner Götterschrein. Noch unter dem Dach, in der Nähe des Schreins, hat Gede drei Bienenstöcke zur Demonstration aufgehängt. Hier wohnt er seit 2015 zusammen mit seiner Tante und seinem Onkel, seitdem er diesen Traum von einem selbstbestimmten Leben hat. Gede ist ein junger Mann, gebildet, mit einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung. Er ist ein engagierter, ideenreicher und ehrgeiziger Mann, der einen Traum hat. Für sich, und die Menschen im Dschungel, wie er sagt, im Hinterland von Tenganan, auf den Gunung Agung zu. Er hat mehrere Jahre in Australien gelebt. Später hat er in einem Hotel in Nusa Dua an der Rezeption gearbeitet, Gäste empfangen, Termine gebucht und Exkursionen vermittelt. Sein Englisch ist perfekt. Jetzt versucht sich Gede selbständig zu machen. Er will in der Tourismusbranche Fuß fassen. Im Schatten des weltberühmten Tenganan. Dazu hat er ein Konzept entwickelt. Er ist er an den Rand von Tenganan zurückgekehrt, um seinen Traum zu verwirklichen.
Die Gesellschaft von Tenganan ist noch immer eine exklusive Gemeinschaft. Gede und die Seinen gehören auch im Bali des 20. Jahrhundert, im demokratischen Indonesien von Panca Sila und Indonesia Merdeka, nicht dazu. Er kann sein Angebot nicht innerhalb der Umfassungsmauer des Dorfes machen, im Inneren, sondern muss als Zaungast die Kunden von außen werben Dazu hat er den süßen Honig seiner Bienen gewählt. Der ist sein Türöffner. Damit hat er sich eine Attraktion geschaffen, die einmalig ist.
Gede und die Seinen waren früher die Arbeitskräfte für die tengananische Klasse. Sie leben außerhalb des Ortes, wie viele andere Familien auch, jenseits von Tenganan. Die Stichstraße von Candidasa nach Tenganan endet nach vier Kilometern. Dort endet auch die zivilisierte Welt des modernen Indonesiens. Das Bali-Aga-Museum Tenganan liegt wie ein Keil am Fuß der Berge zwischen Bali und dem Outback. Als ich 1985 das erste Mal in Tenganan war, sah das noch ganz anders aus. Heute wird das Dorf als ein Objek Pariwisata vermarktet, eine touristische Sehenswürdigkeit. Große Reisebusse kommen aus Bali und Java hierher. Ein Schild mit der Aufschrift Welcome To Tenganan Pegringsingan – Donation begrüßt sie. Ein lebender Büffel liegt wie ein Relikt im Dorf an der Leine. Verglichen mit der touristischen Sehenswürdigkeit Tenganan, wirkt Gedes Ansatz eines ökologisch nachhaltigen Tourismus erfrischend anders.
Gede verfolgt mit seinem Projekt gleich mehrere Ziele: Er arbeitet als Führer, schlägt die Touren vor, die in den Bergwald führen, zu den Reisterrassen, in die abgelegenen Dörfer, zu einem Fluss, auf dem Rafting möglich sein soll, Trekking bis nach Trirta Gangga und an die Hänge des Gunung Agung. Nie mehr als vier Personen. Er zeigt mir ein Fotoalbum von Touren, die er geführt hat, und die Dankesworte zufriedener Wanderer. Noch während wir uns unterhalten, kommen fünf Deutsche, die mit ihm los wollen. Natürlich will er von seinem Engagement leben, hat aber keine festen Preise. Bezahlen soll jeder, was ihm das Erlebnis und die Leistung wert ist.
Gedes Bienenstöcke |
Gede verfolgt mit seinem Projekt gleich mehrere Ziele: Er arbeitet als Führer, schlägt die Touren vor, die in den Bergwald führen, zu den Reisterrassen, in die abgelegenen Dörfer, zu einem Fluss, auf dem Rafting möglich sein soll, Trekking bis nach Trirta Gangga und an die Hänge des Gunung Agung. Nie mehr als vier Personen. Er zeigt mir ein Fotoalbum von Touren, die er geführt hat, und die Dankesworte zufriedener Wanderer. Noch während wir uns unterhalten, kommen fünf Deutsche, die mit ihm los wollen. Natürlich will er von seinem Engagement leben, hat aber keine festen Preise. Bezahlen soll jeder, was ihm das Erlebnis und die Leistung wert ist.
Aber er will auch den Bewohnern des Bergwalds helfen, die unter sehr schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen leben, erzählt er mir. Keine Wasserversorgung, keine Elektrizität, keine Schulausbildung, keine Infrastruktur. Wasser holen sie zwei Kilometer entfernt aus einem Fluss, auf dem Kopf, in vierzig Liter Gefäßen. Sie leben von der Hand in den Mund, Bargeld ist die Ausnahme. Von der Entwicklung des modernen Balis sind ausgeschlossen. Ihm schwebt ein sanfter, unschädlicher Tourismus vor, nicht die Massenveranstaltung, zu der Tenganan verkommen ist. Darüber muss er sich keine Sorgen machen, denn sein Angebot ist für den durchschnittlichen Touristen viel zu anspruchsvoll. Nichts für jedermann.
Gede ist auch Imker. Bio-Qualität, darauf legt er besonderen Wert. Allein schon der köstliche Geschmack seines Honigs lohnt den Weg zu ihm. Er produziert drei Sorten Honig, alle drei flüssig wie Ahornsirup, die er von seinen Bienenstöcken im Wald sammelt. Einen sehr süßen Waldblütenhonig. Sein Honig aus den Blüten des Kaffeebaums besitzt ein überraschend kräftiges Kaffeearoma. Der dritte Honig, den ich koste, ist ein sehr besonderer Saft, süß-sauer der Geschmack, bei dem die milde Säure des Honigs erfrischend im Vordergrund steht. Diesen Honig gewinnt er von einer kleinen, schwarzen Biene, die ich mit bloßem Auge nicht als Biene erkennen kann. Eher die Größe einer Mücke. Nur einmal im Jahr, erklärt er mir, lohne sich die Ernte.
„Dieser Honig ist als ein Heilmittel begehrt“, sagt er, „er ist nicht nur ein Genussmittel.“
Aufgelöst in Tee, zusammen mit Ingwer getrunken, eine hervorragende Medizin bei Erkältung und Hals- und Bronchialentzündungen.
„Dieser Honig ist als ein Heilmittel begehrt“, sagt er, „er ist nicht nur ein Genussmittel.“
Aufgelöst in Tee, zusammen mit Ingwer getrunken, eine hervorragende Medizin bei Erkältung und Hals- und Bronchialentzündungen.
I Gede Arya Sabayu hat eine Emailadresse (subayu@gmail.com) und einen Facebook-Account.
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