Ich sitze am Strand, und bewundere den Sonnenuntergang. Der ist berühmt in Lovina, heißt es. Anscheinend nicht in der Regenzeit. Über mir ragt eine gebogene Säule auf, die sich als ein gekrönter Delfin entpuppt, der auf seiner Schwanzflosse steht. Um in herum versammeln sich mehrere kleine, tanzende Delfine. Lovina ist auch berühmt für seine Ausflüge aufs Meer, zu den richtigen Delfinen. Dann stehen Touristen in den Booten, und die Delfine tanzen im Wasser um sie herum. An der Delfinsäule am Strand trifft sich abends die Jugend von Kalibukbuk. Vereinzelte Touristen spazieren zwischen ihnen umher.
Unter tropischer Sonne schmelzen die Tage dahin; Lovina ist fast vorbei, und ich will weiter. Nach Pemuteran. Ein anderes Strandressort: Nachhaltiger Tourismus. Ich bin gespannt.
Ich esse im Restaurant zu Abend. Wieder der einzige Gast, wie so oft. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, in einem anderen Restaurant, spielt eine Band, und alles strömt dorthin. Ein gelungener Abend, für den Besitzer. Western Pop spielen die Jungs. Ganz anständig. Cover-Versionen.
Unter tropischer Sonne schmelzen die Tage dahin; Lovina ist fast vorbei, und ich will weiter. Nach Pemuteran. Ein anderes Strandressort: Nachhaltiger Tourismus. Ich bin gespannt.
Ich esse im Restaurant zu Abend. Wieder der einzige Gast, wie so oft. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, in einem anderen Restaurant, spielt eine Band, und alles strömt dorthin. Ein gelungener Abend, für den Besitzer. Western Pop spielen die Jungs. Ganz anständig. Cover-Versionen.
Ein Strandspaziergang! Den ganzen Nachmittag habe ich am Strand verbracht, bin um die ganze Bucht herumgegangen, immer an der Grenze von Land und Wasser, während sich die flachen Wellen an meinen Zehen brachen. Der Strand ist nicht sehr schön, eigentlich nichts Besonderes; stellenweise sehr verschmutzt. Vieles wird angeschwemmt, neben Korallenbruch und Pflanzenresten, viel, viel, viel zu viel Plastikmüll. Besonders in den beiden Bezirken der Fischer, die nur zehn Meter entfernt vom Strand siedeln. Ihre Boote ziehen die Fischer bis an die Haustür den Strand hinauf. Auf dem schmalen Streifen Strand davor häuft sich der angeschwemmte Müll. Die Hühner suchen sich dort ihr Futter, und die Kinder spielen zwischen den Booten. Die Boote haben verrückte Namen: Pokemon Go, Bonanza, Caterpillar, Martini, nur ein paar aus der Kollektion.
An den Strand spazieren zu gehen, bedeutet, fliegende Händler zu treffen, die von Verkäufen an die Touristen leben. Obst, Schmuck, Textilien, Massage, Schmuck, Leder- und Holzarbeiten haben sie im Angebot. Und natürlich bearbeitete Muscheln. Aber sie sind freundlich, zurückhaltend, bedrängen mich nicht. Sie führen intelligente Verkaufsgespräche. Eine ausführliche, sehr individuell gestaltete Einstimmung. Sie heißen Made, Gede, Putu und Ketut, drei der interessanten Bekanntschaften.
Made kommt auf mich zu, auf dem Kopf einen Stapel Textilien, Sarongs und Hemden, gebatikt, in schreiend aufdringlichen Mustern. In den Händen hat sie ein weißes, langärmeliges T-Shirt mit Knopfleiste, hält es mir ausgebreitet entgegen. Ich winke ab, sage ihr, ich habe bereits vier Hemden. Sie ist verblüfft, packt das Hemd wieder fort.
Made erzählt nicht viel, fragt mich aus, und begleitet mich ein Stück den Strand entlang. Sie holt eine Flasche Öl aus dem Stapel auf ihrem Kopf, und will mich massieren. Sie ist Expertin für Akkupresssur, sagt sie mir. Gleich hier im heißen, schwarzen Sand. Ohne Decke, ohne Handtuch, eine Liege sowieso nicht. Und ich, nass geschwitzt, mit einem Körpergeruch, den ich niemanden zumuten möchte. Sobald ich mich mit nacktem Oberkörper in den Sand lege, bin ich paniert. Sie ist sicher auf das Geld angewiesen, aber das wurde mir erst hinterher bewusst.
Gede ist kein fliegender Händler. Er will mir nichts verkaufen. Er macht Urlaub wie ich. Er ist höchstens Mitte Dreißig und in der Nähe, in Banyualit, geboren, wo auch seine Frau und sein kleiner Sohn leben. Gede ist Matrose, und für fünf Monate ausgemustert. Anfang März fliegt er zurück nach Miami, von wo aus er als Leichtmatrose auf einem Passagierschiff anheuert, das nach Kiel fährt. Dort verdient er in der Stunde 3 bis 4 Cent, richtig, Cent! Gede spricht Deutsch, ganz gut sogar, und wir haben viel Spaß miteinander – kauderwelschen und verstehen uns gut.
Putu ist Ende Vierzig und Mutter von drei Kindern; ihr Sohn ist vor acht Jahren verstorben, die älteste Tochter verheiratet und schwanger. Bald ist Putu Oma, worauf sie sich freut. Sie geht den ganzen Tag den Strand auf und ab, und verkauft Obst an Touristen. Sie trägt eine gelbe Schirmmütze, um die sie ein Tuch gewickelt hat, als Unterlage für ihren Korb. Darin liegen Bananen, ein paar Salak, eine kleine, unreife Ananas und Mangostene. Es wird bereits dunkel, und sie hat heute noch nichts verkauft.
Ketut ist mit dem Scooter auf der Strandpromenade unterwegs. Er erzählt mir, er hat in Singaraja an einer Fachschule Ökonomie und Politologie studiert, Schwerpunkt neue deutsche Geschichte. Er ist jung, höchstens um die Dreißig. Er spricht Deutsch, zitiert Ereignisse aus der deutschen Politik der letzten dreißig Jahre: Helmut Kohl und der Mauerfall, Gerhard Schröder und die SPD, Angela Merkel, die er klug nennt, und die einst „Kohls Sekretärin“ gewesen sei. So sieht er das jedenfalls. Auch von der Koalition der CDU mit der FDP weiß er. Sagt: „Schwarz-gelb!“ Als er mich so eingestimmt hat, holt er eine Börse heraus und zeigt mir Anhänger, Kunsthandwerk aus Muscheln und Steinen, die seine Frau herstellt – eine Künstlerin. Er sammelt die Ausgangsmaterialen, und den angeschwemmten Plastikmüll am Strand. Warum er nicht für die Regierung oder an einer Universität arbeitet, frage ich ihn. Es gibt keine Arbeitsplätze, die Arbeitslosigkeit, gerade unter jungen Menschen, ist groß.
Abends sitze ich am Strand, im Schatten des protzigen Delfindenkmals, und warte auf den Sonnenuntergang, der wieder nicht kommt.
Made kommt auf mich zu, auf dem Kopf einen Stapel Textilien, Sarongs und Hemden, gebatikt, in schreiend aufdringlichen Mustern. In den Händen hat sie ein weißes, langärmeliges T-Shirt mit Knopfleiste, hält es mir ausgebreitet entgegen. Ich winke ab, sage ihr, ich habe bereits vier Hemden. Sie ist verblüfft, packt das Hemd wieder fort.
Made erzählt nicht viel, fragt mich aus, und begleitet mich ein Stück den Strand entlang. Sie holt eine Flasche Öl aus dem Stapel auf ihrem Kopf, und will mich massieren. Sie ist Expertin für Akkupresssur, sagt sie mir. Gleich hier im heißen, schwarzen Sand. Ohne Decke, ohne Handtuch, eine Liege sowieso nicht. Und ich, nass geschwitzt, mit einem Körpergeruch, den ich niemanden zumuten möchte. Sobald ich mich mit nacktem Oberkörper in den Sand lege, bin ich paniert. Sie ist sicher auf das Geld angewiesen, aber das wurde mir erst hinterher bewusst.
Gede ist kein fliegender Händler. Er will mir nichts verkaufen. Er macht Urlaub wie ich. Er ist höchstens Mitte Dreißig und in der Nähe, in Banyualit, geboren, wo auch seine Frau und sein kleiner Sohn leben. Gede ist Matrose, und für fünf Monate ausgemustert. Anfang März fliegt er zurück nach Miami, von wo aus er als Leichtmatrose auf einem Passagierschiff anheuert, das nach Kiel fährt. Dort verdient er in der Stunde 3 bis 4 Cent, richtig, Cent! Gede spricht Deutsch, ganz gut sogar, und wir haben viel Spaß miteinander – kauderwelschen und verstehen uns gut.
Putu ist Ende Vierzig und Mutter von drei Kindern; ihr Sohn ist vor acht Jahren verstorben, die älteste Tochter verheiratet und schwanger. Bald ist Putu Oma, worauf sie sich freut. Sie geht den ganzen Tag den Strand auf und ab, und verkauft Obst an Touristen. Sie trägt eine gelbe Schirmmütze, um die sie ein Tuch gewickelt hat, als Unterlage für ihren Korb. Darin liegen Bananen, ein paar Salak, eine kleine, unreife Ananas und Mangostene. Es wird bereits dunkel, und sie hat heute noch nichts verkauft.
Strandhandel |
Ich habe wieder ein Fahrrad – ein fast neues, weißes Mountainbike. Es gibt einen Wasserfall in der Nähe, an einer Straße, die in Temukus von der Landstraße, die Singaraja mit Seririt verbindet, bergwärts abzweigt. Mit dem malerisch klingenden Namen: Singsing, Wasserfall des Tagesanbruchs. Woher der Name kommt, kann mir keiner sagen.
Kaum habe ich die Hauptstraße verlassen, steigt die Straße an, die ersten paar hundert Meter noch moderat, dann immer steiler, bis ich das Rad bergaufwärts schiebe, schwitzend, keuchend und fluchend, und in die falsche Richtung. Als immer noch kein Wegweiser zum Wasserfall in Sicht ist, frage zwei Junges, die sich gerade mit Papas Moped davonmachen – der Fahrer höchstens zehn Jahre alt. Ich soll ihnen folgen, sagt der eine, wendet, und fährt den Berg hingab, den ich eben erst mühsam hinauf geschoben habe. Hinab zum Wasserfall, worin eine gewisse Ironie liegt. Später schiebe ich eine schmale Straße hinauf auf ein Plateau am steilen Hang. Vorbei an einer ärmlichen Pura Desa im grün-feuchten Schatten mächtiger Bäume. Bis hinauf zu einem aufgegebenen, zum Kauf angebotenen Hotelkomplex. An der Bauruine vorbei und auf das Gelände eines Luxushotels, an dem gerade noch die letzten Arbeiten ausgeführt werden: Villa Singsing!
Zum Wasserfall muss ich den Garten des Hotels durchqueren. Ob das schon immer so war? Über große quadratische Steinplatten, die ordentlich in den Kunstrasen eingebettet sind, finde ich eine alte, feuchte und moosbewachsene Treppe, die über unregelmäßige Stufen tief hinab in eine enge Schlucht führt. Schon am oberen Ende der Treppe höre ich das tosende Rauschen der Wassermassen, die in die Tiefe stürzen. Aber es dauert noch, bis ich heruntergeklettert bin, und sich die Schlucht in einen kleinen Kessel öffnet, ein kleines, rundes Becken, gefüllt mit lehmig braunem Wasser, in das der kurze, aber um so mächtigere Singsing sein Wasser gießt.
Der lange Strahl des Melanting-Wasserfalls in der Nähe von Munduk war beeindruckend. Turbulenter und wilder, wie er aus der engen Öffnung oben im Berg hinabstürzt, ist der Singsing. Der Melanting gleicht dem eng gebundenen, langen Zopf der Mädchen, der ihnen über den Rücken hinab hängt. Der Singsing dagegen ist eine ungezähmte, vom Wind zerzauste Mähne, kaum zu bändigen, bezaubernd schön in ihrer wilden Ursprünglichkeit. Das Wasser fließt nicht über die Felskante, es stürzt sich hinüber, und landet im freien Fall auf einer langen Felsnase, an der es klatschend in tausende Tropfen und Wasserfontänen in alle Richtungen zerspringt. Der Sturz des Singsing über die Kante ist so stürmisch, dass mir schwindelig wird, und ich einen Moment befürchte, ich stürze mit dem Fall des Wassers die steile Treppe hinab in das Becken mit lehmig trüben Wasser.
Von zwei Männern, die mit Eimern vom Hotel herabkommen und Steine zu sammeln, erfahre ich, dass das der Singsing Dua ist. Der andere Singsing, die unteren Fälle, an denen ich mich wähnte, liegen zweihundert Meter von der Straße entfernt.
Zum Wasserfall muss ich den Garten des Hotels durchqueren. Ob das schon immer so war? Über große quadratische Steinplatten, die ordentlich in den Kunstrasen eingebettet sind, finde ich eine alte, feuchte und moosbewachsene Treppe, die über unregelmäßige Stufen tief hinab in eine enge Schlucht führt. Schon am oberen Ende der Treppe höre ich das tosende Rauschen der Wassermassen, die in die Tiefe stürzen. Aber es dauert noch, bis ich heruntergeklettert bin, und sich die Schlucht in einen kleinen Kessel öffnet, ein kleines, rundes Becken, gefüllt mit lehmig braunem Wasser, in das der kurze, aber um so mächtigere Singsing sein Wasser gießt.
Der lange Strahl des Melanting-Wasserfalls in der Nähe von Munduk war beeindruckend. Turbulenter und wilder, wie er aus der engen Öffnung oben im Berg hinabstürzt, ist der Singsing. Der Melanting gleicht dem eng gebundenen, langen Zopf der Mädchen, der ihnen über den Rücken hinab hängt. Der Singsing dagegen ist eine ungezähmte, vom Wind zerzauste Mähne, kaum zu bändigen, bezaubernd schön in ihrer wilden Ursprünglichkeit. Das Wasser fließt nicht über die Felskante, es stürzt sich hinüber, und landet im freien Fall auf einer langen Felsnase, an der es klatschend in tausende Tropfen und Wasserfontänen in alle Richtungen zerspringt. Der Sturz des Singsing über die Kante ist so stürmisch, dass mir schwindelig wird, und ich einen Moment befürchte, ich stürze mit dem Fall des Wassers die steile Treppe hinab in das Becken mit lehmig trüben Wasser.
Von zwei Männern, die mit Eimern vom Hotel herabkommen und Steine zu sammeln, erfahre ich, dass das der Singsing Dua ist. Der andere Singsing, die unteren Fälle, an denen ich mich wähnte, liegen zweihundert Meter von der Straße entfernt.
Abends sitze ich am Strand, im Schatten des protzigen Delfindenkmals, und warte auf den Sonnenuntergang, der wieder nicht kommt.
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